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Willkommen bei uns am Gymnasium in Lohr!

Sehr geehrte Eltern unserer neuen FünftklässlerInnen,

Ihren Kindern den Einstieg an unserer Schule zu erleichtern, ist uns ein großes Anliegen. Ein Baustein dabei sind Elternbriefe wie dieser. Sie als Eltern sind die unmittelbaren Ansprechpartner Ihrer Kinder, Sie kennen sie am besten. Wir möchten mit Ihnen gemeinsam Ihre Kinder in den nächsten Monaten beim Einstieg begleiten.

Dieser Elterninformationsbrief behandelt folgende für den Anfang wichtige Themen:
  • ein Bewusstmachen des Ausmaßes an Veränderungen, mit dem sich Ihr Kind auseinandersetzen muss,
  • Probleme im Klassenverband, die für neu zusammengewürfelte Gruppen typisch sind, zu deren Bewältigung manche Kinder aber Unterstützung brauchen,
  • das Thema Hausaufgaben, bei dem sich zeigt, dass viele Kinder gar nicht so selbstständig sind, wie sie es bisher zu sein schienen.

Der Besuch der neuen Schule und Schulart ist für Kinder wie Eltern ein „Abenteuer“: erlebnisreich, spannend und manchmal belastend zugleich. Als Erwachsener hat man viele solcher Veränderungen erlebt. Kinder aber müssen eine gewaltige Umstellungsarbeit leisten, ohne auf entsprechende Lebenserfahrungen zurückgreifen zu können.
Ein Teil der Kinder bewältigt diese Herausforderungen problemlos, ein Teil kämpft mit mehr oder weniger großen Startproblemen. Gleich vorneweg: Diese sind normal und es besteht kein Grund, die Übertrittsentscheidung infrage zu stellen, aber auch kein Grund für übergroße Aufgeregtheit oder Vorwürfe an Schulen. Denn die Gymnasien haben gelernt, die Übergangszeit durch viele Maßnahmen zu entschärfen. Trotzdem ist sie für Kinder wie Eltern eine Herausforderung und verlangt viel Umgewöhnungsarbeit.

Zu den schulischen Umstellungen kommen solche, die mit entwicklungsbedingten Veränderungen zu tun haben:
  • der Übergang zur Pubertät, die heute weit früher beginnt,
  • damit verbunden eine zunehmende Umorientierung weg von den Erwachsenen hin zu den Gleichaltrigen,
  • Reifungen im Bereich des Verstandes, wobei die Unterschiede zwischen Jugendlichen gewaltig sind.

Die Kinder müssen also innerhalb kurzer Zeit große schulische, soziale und körperliche Anforderungen meistern:

1.    Gewöhnung an eine neue Schule und an eine andere Schulorganisation

2.    Aufgaben im Lern- und Leistungsbereich:
  • neue Fächer kennenlernen
  • neue Methoden erlernen
  • höhere Leistungsansprüche bewältigen
  • die dadurch vielleicht entstehende Prüfungsnervosität in den Griff bekommen
  • selbstständigeres Lernen lernen

3.    Aufgaben im sozialen Bereich:
  • vertrauensvolle Beziehungen zu Lehrern und Mitschülern aufbauen
  • Freunde gewinnen
  • eine gute Stellung in der Gruppe erringen

4.    Aufgaben im Entwicklungsbereich:
  • körperliche Veränderungen bewältigen
  • veränderte Beziehung zu Eltern und Erwachsenen entwickeln

Die Gewöhnung an schulorganisatorische Änderungen (insbesondere das Fachlehrerprinzip) gelingt den meisten Kindern erfahrungsgemäß schnell, ja viele erleben es sogar als Vorteil, nicht mehr nur mit im Wesentlichen einer Lehrkraft zu tun zu haben. Und speziell Jungen freuen sich oft darüber, endlich auch männliche Lehrer zu erleben, die ja in der Grundschule Mangelware sind (am Gymnasium allerdings allmählich auch Mangelware werden).
Die Herausforderungen im sozialen Bereich und dem Bereich des Lernens sind hingegen weniger leicht zu meistern (siehe dazu die späteren Ausführungen).

Mögliche Folgen

Manche Kinder belasten die Umstellungen überhaupt nicht, im Gegenteil, sie wachsen an den Herausforderungen, fühlen sich geistig endlich genügend „gefüttert“, genießen die neue Gruppe und gehen mit größerer Freude in die Schule denn je.
Für andere Kinder dominieren hingegen die Belastungen. Bedenkt man als Erwachsener diese Menge an Veränderungen und erinnert man sich an eigene Erfahrungen in der 5. Klasse, versteht man, dass manche Kinder in den ersten Monaten, einige wenige auch ein ganzes Jahr lang, möglicherweise mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben:
  • Unsicherheit, Ängste, Überforderungsgefühle, Niedergeschlagenheit, gelegentlich auch Überdrehtheit,
  • Schulunlust,
  • Lernhemmungen, Konzentrationsschwierigkeiten,
  • Leistungseinbrüche, Leistungsversagen.

Sollte Ihr Kind unter einem oder mehreren dieser Probleme leiden, steht es wirklich nicht alleine da. Manche Kinder zeigen auch (wie viele Erwachsene) nach außen nicht, wenn sie solche Schwierigkeiten haben. Sollten Sie oder Ihr Kind den Eindruck gewinnen, andere Kinder besäßen keine Probleme, werden Sie Opfer des schönen Scheins, den viele um sich herum aufbauen.
Bei einer Reihe von Schwierigkeiten sollte man freilich nicht gleich allzu stark unterstützend eingreifen. Es gehört nämlich sicher auch zum Leben, dass man lernt sich durchzubeißen, und den meisten Kindern gelingt das. Begleiten Sie Ihr Kind jedoch durch Beobachtung und genaues Zuhören, um sicherzustellen, dass es nicht in irgendeiner Weise überfordert wird.
Aber genauso gilt für den Fall, dass Kinder eben nicht mit den Schwierigkeiten selber fertig werden: Es hilft nicht, ihnen zu sagen: „Da musst du einfach durch.“ Kinder brauchen in dem Fall aktive Unterstützung, seelische Aufbauarbeit, Organisationshilfe. Wenn dies gelingt, gewinnen die meisten Kinder bis nach den Weihnachtsferien deutlich an Sicherheit! Dabei müssen selbstverständlich alle zusammenarbeiten – Sie als Eltern wie wir als Lehrkräfte und Berater. Scheuen Sie sich bitte nicht, sich an uns zu wenden, wenn Sie den Eindruck haben, etwas stimme nicht.
Wie können Sie Ihrem Kind in der ersten Zeit helfen?

Hilfen für Kinder mit Problemen im Klassenverband

Erfahrungsgemäß bereiten in der Übergangszeit vor allem zwei sehr typische und in gewissem Sinne „normale“ Situationen den Kindern Probleme.

•    Manche Kinder bringen alte Konflikte, Animositäten oder Rivalitäten aus der Grundschulklasse mit. Im Zuge der Entwicklung von neuen Gruppenstrukturen können diese im besten Fall ihre Bedeutung verlieren, weil jedes betroffene Kind neue Anbindungen findet. Wenn Sie aber merken, dass Ihr Kind hier Probleme hat, können Sie es zunächst dadurch unterstützen, dass Sie mit ihm überlegen, welche neuen Kinder ihm besonders sympathisch sind. Da Beziehungen vor allem auch außerhalb der Unterrichtszeit aufgebaut und gefestigt werden, sollten Sie als Nächstes gemeinsame Aktivitäten Ihres Kindes und möglicher neuer Freunde an Nachmittagen oder Wochenenden unterstützen (z.B. gemeinsames „Shoppen“, erlebnisreiche Aktionen wie den Besuch einer Kletterhalle oder eines Erlebnisbades, Kinobesuch, Übernachtungen).

•    Da Kinder dieses Alters noch keine ausgereifte Persönlichkeiten mit stabilem Einfühlungsvermögen und einem vielfältigen Handlungsrepertoire für soziale Situationen sind, werden insbesondere die „Rangkämpfe“, die für Menschengruppen einfach normal sind, eher weniger einfühlsam und durchaus auf Kosten anderer durchgeführt, selbst wenn mithilfe der Teambildungsmaßnahmen entgegenzusteuern versucht wird. Weil aber soziale Bedürfnisse anlagebedingt einen großen Stellenwert haben und gerade nach einem Wechsel in die fremde Welt des Gymnasiums das Dazugehören für Kinder besonders wichtig ist, leiden sie unter den gruppendynamischen Entwicklungen, sofern sie nicht gleich zu den Alphas gehören. Hier bedürfen die Kinder der liebevollen Begleitung durch Eltern wie Lehrkräfte.
Hier können Eltern zum einen in derselben Weise wie beim vorherigen Punkt beschrieben helfen; denn wenn ein Kind Mitglied einer Gruppe ist, stellt das einen Schutz innerhalb der Gruppendynamik dar.
Eine weitere Hilfe besteht darin, dass das Kind überlegt, welche typischen „dummen Sprüche“ von anderen kommen – meist sind die umgrenzt und wenig einfallsreich. Im entscheidenden Moment kommen freilich Kinder oft nicht auf eine schlagfertige Antwort. Wenn man als Elternteil zusammen mit dem Kind solche Antworten sucht und sammelt, ist das Kind weitaus mehr gewappnet, als wenn man dem Kind nur rät, solche Sprüche zu ignorieren – das schaffen Kinder (und Erwachsene) meist nicht.

Sonstige Hilfestellung
  • Halten Sie Ihr Kind an, sorgfältig und zuverlässig ein Hausaufgabenheft zu führen. Dazu ist es übrigens auch nach der Schulordnung verpflichtet. Die Hausaufgaben werden mehr, die Bedeutung der mündlichen Hausaufgaben ist höher und Kinder sollen von sich aus den Stoff einer Stunde nachbereiten, nicht nur wenn der Lehrer es sagt. Deshalb brauchen Kinder im ersten Jahr wieder mehr Kontrolle – im Sinne von Hilfe, den Hausaufgabenberg und das Lernpensum zu bewältigen und schrittweise selber organisieren zu können.
  • Helfen Sie Ihrem Kind wenn möglich bei der Organisation der Hausaufgaben am Anfang des Nachmittags: Was steht an? Was muss gelernt werden, auch wenn es nicht ausdrücklich im Hausaufgabenheft steht? Wo sind am Unterrichtsvormittag fachliche Probleme aufgetaucht und wo kann das Kind nachschauen? Alternative für nachmittags Berufstätige: Erstellen Sie im Vorhinein einen Wochenplan. Näheres zum Thema „Hausaufgabenorganisation“ erfahren Sie in einem künftigen Elterninformationsbrief.
  • Natürlich können und sollen Sie nicht zum Nachhilfelehrer werden. Kinder wissen aber oft nicht, wie sie sich selbst helfen können. Es wäre sehr gut, wenn Sie Ihr Kind dabei unterstützen könnten. (Auch dazu Näheres in einem späteren Elterninformationsbrief!)
  • Prüfen Sie anfangs täglich, später – wenn alles klappt – nur alle zwei, drei Tage: Sind die Aufgaben vollständig und ordentlich erledigt?
  • Schauen Sie sich Hausaufgaben der Vortage an: Wo hat Ihr Kind Aufgabenstellungen missverstanden, Aufgaben sehr fehlerhaft oder sogar unvollständig erledigt? Kinder müssen erst lernen: Ohne den Blick zurück gibt es keinen Weg nach vorne.
  • Die Überprüfung von Lernstoff (Vokabeln, Hefteinträgen usw.) sollte frühestens 45 bis 60 Minuten nach dem Lernen erfolgen; erst dann kann man erkennen, wie viel Wissen nicht nur im Kurzzeitgedächtnis steht, sondern in das Langzeitgedächtnis durchgesickert ist. Oft haben Kinder und Eltern den Eindruck, der Stoff sitze ja, bloß in der Prüfung sei dann alles weg; Kinder wie Eltern werden hilflos, die Kinder nicht selten ängstlich, und sie vergessen noch den letzten Rest des Gelernten. Fragt man jedoch in solchen Fällen genauer nach, stellt man nicht selten fest, dass die häusliche Überprüfung zu schnell nach dem Lernen erfolgt ist, man also bezüglich des Kenntnisstandes einer schlimmen Täuschung erlegen ist.
  • Fragen Sie Stoff oder Vokabeln nicht der Reihe nach ab, sondern kreuz und quer. Wenn Sie sich fachlich dazu in der Lage fühlen, fragen Sie Grammatikbeispiele auch im Kontext ganzer Sätze oder im Zusammenhang der Lektionstexte ab, denn gerade in den Fremdsprachen ist es ja sehr wichtig, dass man etwas nicht nur auswendig lernt, sondern in einem neuen Zusammenhang anwenden kann.
  • Lassen Sie sich auch den Stoff erklären. Wenn ein Kind dazu imstande ist, hat es ihn verstanden. Nebenbei lernen Sie vielleicht etwas Neues (oder Vergessenes) von Ihren Kindern!

Seelische Unterstützung des Kindes
  • Schulische Leistungen sind wichtig – aber Ihr Kind besteht nicht nur daraus. Es hat noch viele andere Fähigkeiten und Stärken. Verlieren Sie diese nie aus dem Blick!
  • Nehmen Sie sich Zeit für Ihr Kind – Zeit, in der es nicht um die Schule oder um Leistungen geht.
  • Schule ist für Fünftklässler wie die Arbeitswelt für Erwachsene. Die Probleme Ihres Kindes sind genauso groß wie Probleme, mit denen Erwachsene zu tun haben.
  • Nutzen Sie Hilfen der Schule: das Gespräch mit Fachlehrern, Klassenlehrer, Beratungslehrkraft, Schulpsychologen und Schulsozialarbeiterin. Man muss nicht alle Probleme selber meistern!

Ansonsten wünschen wir Ihnen und Ihrem Kind einen gelungenen Einstieg!
Mit herzlichen Grüßen


Carolin Herrmann                                                         
Beratungslehrkraft Gymnasium Lohr                        



Mit freundlicher Genehmigung:
Autor: Alexander Geist, StD, Staatlicher Schulpsychologe, Supervisor (BDP)
© Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage 2016 (gekürzt und angepasst)